Feststellen der Trächtigkeit

 

Kaum etwas ist schöner in der Kaninchenzucht als der Tag, an dem man erwartungsvoll vor dem Stall der Häsin immer wieder vorbeikommt, um zu sehen, ob denn die Jungen schon da sind. Umso enttäuschender ist es aber, wenn die Tage vergehen und statt einem flauschigen Nestchen, das mit kleinen Wonneproppen gefüllt ist, nur Streu und Mist zu finden ist. Die Häsin war nicht trächtig.

Für den Kaninchenhalter, welcher einmal in seiner Laufbahn einen Wurf hat, ist es leicht verschmerzbar, ein Monat verloren zu haben. Für den Züchter ist wertvolle Zeit verloren gegangen. Manche Menschen werden dann wütend auf die Häsin oder geben sogar dem Rammler die Schuld. Hätte man aber schon 19 Tage vorher die Häsin genauer angesehen, dann hätte der geschulte Züchter mit feinfühligen Händen bereits früher erfahren, dass der Deckackt nicht erfolgreich war und die Häsin nachgedeck. 

War der Deckackt erfolgreich so kommen verschiedene Instinkthandlungen zum Vorschein. Die Häsin wird anhänglicher oder zickiger. Es sei den Damen verziehen, wenn sie während der Trächtigkeit vielleicht nicht so schmusig sind, es ist nur natürlich. Züchterinnen, die selbst Kinder geboren haben, sind deshalb bei den Häsinnen, welche sich in der Tragzeit ein wenig charakterlich wandeln, viel nachsichtiger - sie haben es am eigenen Leib bereits erlebt. Nach der Geburt der Jungen ist die Häsin wieder ganz die alte. 

Andere Häsinnen wollen nur mehr kuscheln und betüdelt werden. Es wird plötzlich eine Nähe zum Züchter aufgebaut, die vorher aus der Sicht der Häsin undenkbar war. Interessanter Weise bleibt diese zärtliche Bindung auch nach der Geburt der Jungen bestehen. 

Manche Häsinnen (oft die erfahrenen) fangen bereits nach wenigen Tagen an, ihren Stall umzugraben. Der Großteil gräbt definitiv dann ab der Halbzeit zum Wurftermin. Es werden regelrechte Pyramiden aufgeschüttet, Tunnel gegraben und Futternäpfe und Tröge eingegraben. 

Fängt die Häsin am 12. Tag mit dem Nestbau an und rupft sich bereits die Haare aus, dann war sie leider scheinträchtig. Nach einigen Tagen kann sie wieder nachgedeckt werden. 

Gräbt sie nicht, zickt nicht und lässt sich aber auch nicht nachdecken (ab dem 12. Trächtigkeitstag lassen sich viele Häsinnen decken, obwohl sie bereits empfangen haben), will man als Züchter eine gewisse Sicherheit haben.

Natürlich könne man jetzt zum Tierarzt gehen und das Kaninchen einem Höllenstress aussetzen und es schallen lassen (Ultraschall). Dann weiß man zwar, ob sie trächtig ist oder nicht, aber da ist das Risiko eines Abortes bzw. einer Absorbtion der Frucht. Viele Züchter tasten deshalb ihre Häsinnen ab. Wenige Tage vor dem errechneten Geburtstermin fühlt sogar der Laie bereis Köpfchen und kleine Rücken und ist ganz entzückt kleine Tritte aus der Bauchhöhle des Muttertieres zu erspüren.

Die ganz erfahrenen Züchter ertasten Kaninchennachwuchs ab dem 9. Tag nach dem Deckackt. Der neunte Tag ist aber ein sehr früher Termin, da man nur mit sehr, sehr (!!!) geübten Fingern die geschwollenen Uteri-Hörner spürt. 

Am 12. Tag ertastet man eine Walnuss bzw. eine Haselnuss oder auch eine große Weintraube im Bauch der Mutter. Ungeübte Hände finden Kotbällchen und missinterpretieren sie für Kaninchen. 

Ungeübte Hände sollten nun auch nicht die Häsin ständig abtasten, da mit dem Nichtwissen um die Technik unter Umständen die Jungtiere abgetrieben werden. 

Zuerst muss man das Abtasten üben. Ideal sind Hilfestellungen durch einen gut erfahrenen Züchter. Tierärzte können das leider sehr selten, da sie sich mit diesem Problem zu wenig oft auseinandersetzen müssen und im Studium zu wenig Zeit dafür aufgewendet werden kann (das Studium ist sowieso äußerst umfangreich).

Zum Üben kann man verschiedene Dinge verwenden. Die Tipps englischsprachiger Kollegen sind immer die gleichen: Hühnerdärme, Hühnerinnereien und Weintrauben. Da mir das reichlich grausig immer vorkam und es mich um die Zutaten dann reut, sie einfach wegzuwerfen bzw. ich keines meiner Hühner für einen Lehrgang opfern will, um an die Därme zu kommen, habe ich lange herumgetüftelt. Dann fand ich eine Variante heraus, einen Übungsbeutel zu erstellen, welcher nach Beendigung des Übevorgangs genüsslich gegessen werden kann.

 

 

Man braucht:

 

500 gr Vanillepudding

1 handvoll Rosinen

etliche Weintrauben

 

einen verschließbaren Plastikbeutel

 

Nun füllt man den Pudding in den Beutel und leert eine Handvoll Rosinen dazu.

 

Die Rosinen mischt man mit dem Pudding, verschließt den Beutel und lässt dabei die Luft raus und drückt den Inhalt in die rechte untere Ecke. 

Mit der linken Hand wird der Beutel oben fest gehalten und mit drei Fingern der rechten Hand streicht man gefühlvoll mit leichtem Druck von rechts unten nach oben am Beutel. Spürt man die Weintrauben, hat man die Kotbällchen des Kaninchen identifiziert und sonst nichts gefunden. Also ist unsere Gefrierbeutelhäsin NICHT trächtig.

 
 
Wichtig ist auch die Fingerhaltung von Daumen, Zeige-, Mittel- und Ringfinger. Der kleine Finger wird ignoriert.
 
 
Nun versenken wir eine Weintraube im Pudding (Rosinen bleiben da drinnen!) und mischen alles gut und verschließen den Beutel gleich wie zuvor. 
 
Nun wird der Beutel wieder abgetastet. Wir finden die Weintraube! Unsere Gefrierbeutelhäsin ist ca. 12 - 14 Tage (Kleinrassen) trächtig!!!! Interessanter Weise fühlen sich die ungeborenen Kaninchen wirklich wie eine Traube an. 
 
Nun ist es an der Zeit sechs oder 7 Trauben zu versenken. Wir spüren die Rosinen (Kotbällchen), wir finden die Trauben, es ist der 25. Trächtigkeitstag und jetzt wissen wir sogar wie viele Junge es sind!
 
Und nun, nachdem das mehrfach geübt wurde, geht es an die Häsin! Am besten beginnt man diese Übung an einem Tier, dass mindestens 15. Tage trächtig ist, weil es einfach leichter ist.
 
 
 
Zur Veranschaulichung ist die Häsin hier auf den Rücken gedreht. Die Hinterbeine formen mit dem Schwanz ein V. Dor wo sich die beiden Linien treffen, befindet sich in etwa die Walnuss. Hier auf dem Bild wäre das ca. 3 cm nach unten nach dem letzten blauen Doppelpunkt
 
 
Hier der Griff unter die Häsin ganz gleich wie bei der Gefrierbeutelhäsin. Die Finger gleiten nach oben und ziehen sich sanft zusammen.
 
 
Mit einer sanften Vorwärtsbewegung findet man die Leibesfrucht dann ziemlich sicher. Immer daran denken - NICHT ZU GROB sein!!!
 
Video zum Abtasten der Häsin - folgt!

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