EIN ERFAHRUNGSWERT  - KEINE WISSENSCHAFTLICHE METHODE!!!

 

Blähbauch, Bauchweh, Enteritis, Kokzidienbauch, Spitzrücken, Verstopfung...sind nur ein paar Schlagwörter der Kaninchenzüchter, welche meist hinter vorgehaltener Hand nur erwähnt oder meist gern verschwiegen werden. Bis in die hohen 90iger des letzten Jahrhunderts waren Probleme mit Kokzidien der Hauptgrund für große Sterbewellen bei Jungtieren. Dann kam scheinbar etwas Neues, etwas Schreckliches, fast Unaussprechliches: Mukoide Enterocolitis, Enteritis etc...Verschiedenste Dinge wurden unter dem Kürzel EC gerne zusammengefasst. 

Es gibt viele Thesen, woher denn die Probleme plötzlich kamen. Viele Züchter machen sich ihren eigenen Reim drauf, die wenigsten Tierärzte haben davon überhaupt gehört und einige haben sich in die Sache hineingekniet. Ich kann hier nur MEINEN Erfahrungswert widerspiegeln und MEINE Thesen aufstellen, welche ich nach sehr aufwendigen, sehr großen Feldstudien teilen möchte.

Meine Thesen und Vorschläge basieren auf meiner dreijährigen Feldstudie, die insgesamt 3225 Tiere auf zwei Kontinenten betraf. Mein Dank gilt J. Weber und Bob Whitman (+), welche mich imens unterstützen und keine Kosten scheuten. 

Erst der Vergleich verschiedener Tierarten (herbivor) und die Auswertung von Darmbakterien brachten für MICH Licht ins Dunkel. Es gibt zig andere Ansätze und die meisten haben ihre Berechtigung.

Bis 2007 konnte ich den Hype um EC nicht verstehen, da Klein Rexe weder dafür anfällig waren, noch ich einen Erfahrungswert trotz mehrerer Jahrzehnte Zucht hatte. Das gab es bei mir einfach nicht. Dann bekam ich Besuch eines Züchterkollegen, welcher mir, während er meine Tiere begutachtete, von EC erzählte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Klein Rexe bereits 7 Jahre in Europa und auf genügenden Ausstellungen gestanden, wo sie sich unter Umständen infizieren hätten können. Ich hörte nur halb interessiert zu, da mich das ja (aus meiner Sicht nicht beträfe). Vier Tage nach dem Besuch hatte ich Kaninchen mehrere Duzend in den Buchten sitzen, welche mit dem Rücken zu  mir saßen, die Haare aufgeplustert hatten und ihre Augen schmerzverkrampf schlossen und mit den Zähnen knirschten. Als ich sie berührte, empfand ich sie wie ausgestopfte Tiere mit Wattefell. Im Todeskampf lösten sich bestialisch stinkende Fezes aus dem Darm, welche teilweise mit Schleim überzogen waren. 

Mich traf fast der Schlag. Innerhalb weniger Wochen verlor ich auf diese Weise über 300 Tiere in den verschiedensten Auslagerungsstallungen und im Heimatstall. Ich las nächtelang im Internet nach, was das sein könnte, stellte die Fütterung um, investierte etliche tausend Euro in Stall eigenes Impfserum, verlor immer noch Tiere und beschloss eine große Feldstudie zu machen. 

Als Zusatzinformation empfehle ich folgend Links, dann weiß man ganz genau, worum es geht, da ich jetzt nicht alles hier wieder holen möchte, sondern Hilfestellung zum Vermeiden bzw. sofortigen Erkennens geben will.

http://www.noesenberger-kaninchenfutter.de/seiten/ueber-uns/enterocolitis.php

und hier eine gut bebilderte Serie mit fundierter Information

http://www.medirabbit.com/GE/GI_diseases/Bacterial/Enteri/Enteritis_ge.htm

 

Die Beschreibungen im Internet sind manchmal darauf begrenzt, dass man Kot und Blähbauch, Darmbilder etc findet. Wenn man aber in diesem Stadium ist, hat es kaum mehr Sinn zu behandeln, sondern sollte das Tier erlösen. 

Als 1. Symptom beim Kaninchen findet sich Tage vor dem bei vielen Tieren unausweichlichen, elendigen Tod, das von mir als "Schmerzauge" bezeichnete zusammengedrückte Auge. Wer eine Form der Darmentzündung im Stall hatte, erkennt diesen Blick vermutlich sofort und bei dem Schrillen auch die Alarmglocken dann sehr laut.

 

(Klein Rex schwarz-wild als Geschenk übernommen) Das Kaninchen kneift in einer ganz bestimmten Art seine Augen zusammen. Diese Augenhaltung ist bei allen Rassen gleich.

Im Vergleich von links nach rechts: Gesundes Tier - gesundes, erschrockenes Auge; krankes Tier - Schmerzauge; gesundes Tier - neugierig. Von den drei Tieren leben links und rechts außen, das Tier in der Mite musste erlöst werden. Die drei Rammler saßen in einer Aufzuchgruppe.

Das kranke Tier krampft und zieht im Schmerz seinen Bauch ein, dadurch entsteht ein regelrechter Spitzrücken. Die Pfoten werden unter den Bauch gezogen, ein selbst sonst massiver Kopf, wirkt plötzlich lang und spitzig. Es frisst vermutlich nicht mehr.

 

Noch einmal der Vergleich von der Seite. Die Tiere wurden nach den Fotoaufnahmen sofort getrennt. Sie sind weder verwandt, noch sind sie aus der gleichen Zuchtanlage gekommen. 

 

Hier erkennt man gut sichtbar die krampfende Körperhaltung.

 

Auf diesem Bild zeichnet sich das beginnende Ausmaß der Tragödie bereits ab. Der Darm ist aufgebläht und das Tier war nicht mehr zu retten.

 

Es gibt verschiedene Ansätze, seine Kaninchen vor diesem Drama zu schützen. Leider ist es unglaublich schwierig, alle Punke einzuhalten bzw. und trotz genauestem Arbeiten, passieren immer wieder Fälle. Fakt ist, dass es immer noch  Züchter gibt, die die Existenz dieses breiten Bogens an Darmerkrankungen oder eine Epidemie in ihrem Stall einfach verschweigen oder als "sind halt hin geworden" abtun.

 

Vorbeugung
 

1. Hygiene im Stall:

nicht die chemische Keule ansetzen, aber regelmäßiges Ausmisten, saubere Wasserversorgung, Kot verschmutzte Näpfe waschen. Zur Desinfektion empfehle ich meinen Wodka-Mix, da er auch tief ins Holz eindringt. 

 

2. Fütterung überdenken:

Natürlich ist Pelletfütterung unglaublich praktisch und weniger Zeitaufwendig. Ein Teil des Übels liegt aber direkt im Pelletfutter. Luzerne sind großartige Futterzusätze, die sehr hoch im Eiweiß stehen. Als Stängel und Blätter sind sie sehr empfehlenswert. Als Luzernmehl kleistern sie Darmwand aus und Bakterien haben einen idealen Nährboden. Aufgrund unserer Feldstudie verwende ich keine Luzernmehl (Grünmehl) beinhaltenden Pellets im Stall. Die Fütterung der Jungtiere sollte sich wirklich auf grobes Heu, niedrig im Eiweißgehalt und wenig Kraftfuttergaben beschränken. Die Tiere müssen ständig Zugang zu sauberem Wasser haben. Es hat sich gut gezeigt, dass Tiere, die durstig sind, eher für EC anfällig werden. 

 

3. Keine Raubtiere

Durch die Fütterung unserer Haustiere befinden sich vor allem im Hundedarm Keime, welche anderen Tieren den Garaus machen. Noch vor einigen Jahren wurde ich dieser These wegen belächelt - heute nicht mehr. Viele "Kaninchenspezialisten" sehen nur das Kaninchen und sein Problem, statt Vergleichsstudien zu ziehen. Als Tierfreundin und auch als Hundefreundin, möchte ich nicht die Tiere verteufeln. Es gehört Aufklärungsarbeit betrieben, dass weder Hundekot noch Katzenkot ins Futter gelangen darf und Hunde nichts auf Heuwiesen verloren haben. Dabei muss der Hund nicht sein Geschäft auf der Wiese verrichten, es reichen die verschmutzten Pfoten (oft kaum oder gar nicht sichtbar), die auf der Wiese, im Heu etc spazieren gehen. Darmbakterien aus Hundekot lösen Enteritis artige, tödlich verlaufende Krankheiten auch bei Fohlen, Kälbern und Lämmern aus. Für den hundbesitzenden Kaninchenzüchter bedeutet das: kein Hund mehr im Stall, wo er mit dem Futter in Berührung kommt. Kein Heu verfüttern, dass auf einer öffentlichen Wiese (mit Gassigehern) gestanden war. Das gleiche gilt für die Katze im Kaninchenstall. Sie kümmert sich zwar um die Schadnagerbekämpfung, aber auch hier muss geachtet werden, dass Katzenpfoten nicht durch Futterheu oder durch das Futter marschieren.

 

4. Schadnagerbekämpfung

Die gleichen Bakterien, die im Hundekot sitzen, sind auch bei Mäusen und Ratten zu finden. Das bedeutet: massives Vorgehen gegen Schadnager. Leider helfen Ultraschallschreckgeräte überhaupt nicht und der Einsatz von Gift ist bei Ratten nicht zielführend. Glücklich also, wer sich an einer fleißigen Katze erfreuen darf.

Siamesen (auch der moderne Typ) fangen nicht nur gut Mäuse, sie töten auch Ratten. Aber auch die ganz einfache Landkatze wird Abhilfe schaffen. Im Bild: meine eigenen Katzen: Maya & Grace. Auch sie haben NICHTS im Futter verloren.

 

5. Zahl der Kaninchen

Je geringer die Zahl der Kaninchen pro Stall ist, umso niedriger die Ausfallsrate. Kaninchen unter Stress (in der Gruppe herrscht immer Stress) sind anfälliger für Infektionen.

 

6. angesäuertes Wasser

Viele Züchter schwören auf Apfelessig im Wasser. Ich kann das nicht bestätigen, aber auch nicht ablehnen. Es hat sich in der großen Studie nicht wirklich auf die Infektionsrate +/-  ausgewirkt.

 

7. niedriger Eiweißgehalt im Futter

Je niedriger der Eiweißgehalt, desto besser - zumindest in der Aufzuchtphase. Die Tiere wachsen vielleicht nicht so schnell, entwickeln sich aber gleichgut..nur brauchen sie eben sehr viel länger.

 

8. Gemüse?

Kein ungewaschenes Gemüse aus dem Laden verfüttern. Grundsätzlich das Kaninchen nicht mit rauhen Mengen an Gemüse und Obst vollstopfen. Die Gärprozesse im Bauch wirken sich negativ aus. Mit Hausverstand gefüttert, ist halb gewonnen. Sie würden einem Baby oder Kleinkind kein ungewaschenes Gemüse oder Obst füttern, ihren Kaninchen aber schon. Der Darm eines jungen Kaninchens ist genauso empfindlich, wie der eines Babys. Die Spritzmittel und der Dreck verschiedener Länder ist fehl am Platz. Gemüse aus dem eigenen Garten hingegen kann ungewaschen und sogar mit Erdresten verfüttert werden.

 

9. Ausstellung

Nach Ausstellungen die Tiere in die Quarantäneställe geben und während der Ausstellung darauf achten, dass die Kaninchen KEIN pelletiertes Futter eines beliebigen Herstellers bekommen. Meist sind Wassergaben schwach, das Heu zu fein und weich und die Pellets zu hoch im Eiweißgehalt. Wegen dieses unbekannten Futters laufen manche Kaninchen regelrecht aus und fangen gleich neue Keime ein, die sie dann daheim erst richtig auspacken.

 

Was wenn?

Es gibt eigene Kuren, die manche Züchter anwenden. Dabei wurde in der Vergangenheit vor allem mit Pumotil und Animedicin gearbeitet. Eine Messerspitze A und 1 ml Pumotil pro Liter Wasser über 8 Tage war die Empfehlung. Die Behandlung des Bestandes im Falle eines Ausbruches war obligtorisch. 1 Liter Pumlotil kostet durchschnittlich 180 Euro. Wie weit man mit einem Liter bei einem großen Bestand kommt, kann man sich selbst ausrechnen.

Leider gibt es mittlerweile resistende EC Infektionen, regelrechte Superbugs, weil viele Züchter beim ersten Anzeichen sofort zu diesen schweren Antibiotika griffen und dann die Kur nicht durchzogen oder sie als Dauerbehandlung (gib jeden Tag einen Schluck dazu...) verabreichten. Der Einsatz von AB sollte nur labortechnischer Abklärung und in Begleitung eines vernünftigen Tierarztes geschehen, welcher sich bei Kaninchen auskennt!

Bacivet heißt das Wundermittel aus Belgien. Es ist Tierarzt pflichtig und hilft sehr gut. Auch hier sollte nicht 2 x im Jahr gedankenlos gekurt werden, sondern auch nur im Bedarfsfall und dann über 14 Tage. Bitte ziehen Sie IMMER einen Veterinär zu Rat.

Die Behandlung hilft NUR jenen Tieren, die noch nicht befallen sind.

 

Befallene Tiere:

sind sofort aus dem Bestand in die Quarantäne zu bringen. Nach dem Abklären der Symptome durch einen erfahrenen Vet muss die Behandlung beginnen. Ist der Krankheitszustand zu weit fortgeschritten - MUSS das Tier erlöst werden, weil es sonst nur einen elenden, qualvollen Tod sterben wird, welcher sich über Tage ziehen kann.

Da die Tiere wegen ihrer Schmerzen nicht mehr trinken wollen, müssen die in Wasser gelösten Medikamente im 3 Stunden Takt zu 3 ml über das Mäulchen gegeben werden. Kaninchen haben KEINE Freude daran. 

Da der Darm sich nur entleeren kann, wenn oben etwas eingefüllt wird, werden alle 4 Stunden 2 ml Maiskeimöl auf eine Spritze gezogen und dem Tier verabreicht. Auch das schmeckt dem Kaninchen nicht. Alternierend wird alle 2 Stunden 2 ml Karottenbrei aufgezogen (Babygläschen) und auch gefüttert. Diese Prozedur ist sehr aufwendig und man muss sich immer die Frage stellen, ob es wirklich Sinn macht, ein Kaninchen dieser Rosskur zu unterziehen.  

Die Tiere verlieren sehr schnell an Gewicht und dehydrieren. Zum Stabilisieren sollte der Veterinär Infusionen mit einfacher Ringerlösung geben. 

Wenn sich der Darm nach 24 Stunden dieser Behandlung nicht geleert hat, dann war der Behandlungsbeginn zu spät und das Tier MUSS erlöst werden.

Sollte sich der Darm entleeren (Schleim, nach humanem Durchfall faulig, verwesend stinkender Kot), dann hat man eine ca. 90% Chance das Kaninchen wieder auf die Beine zu bekommen. Die Behandlung wird ohne Öl und ohne Karottenbrei 3 Tage weitergeführt, dann (sollte das Tier Nahrung aufnehmen), 14 Tage noch über das Wasser weiterbehandeln. Als Futter darf nur grobfaseriges Heu, Strukturfutter (ohne JEGLICHE PELLETS!) gegeben werden. Damit sich die Leber erholen kann (sie leistet schwerste Arbeit) gibt man am besten Löwenzahn, Löwenzahnwurzeln (von unbehandelten Wiesen MIT der Erde), Ahornblätter, Himbeer- und Brombeerlaub, bis das Tier sich erholt hat.

 

 

Es stellt sich bei diesem Aufwand die Frage, ob es wirklich Sinn macht, das einem Kaninchen anzutun. Dabei geht es nicht um die imense Kostenfrage, sondern für mich um das Wort "Gnade". Ich nehme dieses Wort ernst. Als Mensch wird man durch die moderne Medizin zu Tode gequält, einem Tier kann ich Gnade schenken. Im Zweifelsfall nicht egoistisch denken, dass man dieses wertvolle Zuchttier oder den Freund verlieren könnte, sondern für das Tier entscheiden, ob man ihm das wirklich antun will oder ob man für sich selbst nicht auch eine andere Entscheidung treffen würde, müsste man medizinisch so gequält werden. Eine Rettung um jeden Preis ist nicht im Sinne des Tieres - manchmal ist wohlgemeinte Rettung Quälerei.

Diese Behandlung wurde mit meinen beratenden und behandelten Tierärzten gemeinsam entwickelt. Es handelt sich hierbei um einen Erfahrungwert und keine wissenschaftliche Beweisführung. Ich hafte daher NICHT für Anwendungs- oder Verständnisfehler und deren schwerwiegenden Folgen. 

 

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