Stehen mit Caldwell 

Als ich vor 10 Jahren meine erste Webseite mit meinem Projekt "Anerkennung und Zucht der Klein Rexe in Österreich" veröffentlichte, bekam ich relativ schnell die Frage gestellt: Warum stehen ihre Tiere alle so brav, meine tun das nicht?

 

Antwort: Eigentlich kann jedes Kaninchen stehen lernen. Man braucht Geduld, Durchhaltekraft, eine rutschfeste Unterlage und das Kaninchen muss nur ein wenig Stolz mitbringen.

 

 

Heute sehe ich auf fast allen Klein Rex Seiten und vielen Hobbyzüchterseiten viele gut trainiert Tiere. ich bin im Laufe der Jahre nur auf zwei Kaninchen gestoßen, die partout nicht in Position sein wollten. 

Auf Facebook wird eine von mir erstellte PDF-Datei  herumgereicht (erlaubter Weise), wie man denn so ein Kaninchen trainiert. Hier will ich es ganz genau zeigen.

 ... und eine kleine Erleichterung für alle Besitzer störrischer Kaninchen: Jedes Kaninchen kann sitzen lernen...

 

Jedes Kaninchen wirkt am Ausstellungstisch oder unter dem strengen Auge des Züchters anders, wenn es in ordentlicher Position gezeigt wird. Bereits gezeigt wurden die amerikanischen Positionen wie auch der Katzentritt, welcher in Europa gewünscht wird.

 

Liegt das Kaninchen aber in schlampiger Haltung mehr oder weniger am Tisch, so wird man negativ davon beeinflusst. Übt man ein wenig oder trainiert es von klein an, so kann sich das Tier selbstbewusst präsentieren. Der Fachmann/frau erkennt sofort, ob ein Kaninchen in den letzten Tagen vor der Ausstellung in ein Training gestresst wurde, oder ob man sich immer wieder ein paar Minuten Zeit nahm und von klein an mit dem vielversprechenden Ausstellungstier geübt hat. 

Sabrinas Ivoc 

Das Tier steht, aber es hängt nach hinten ab. Es müsste vorne aufrechter sein und die Hinterläufe mehr am Körper haben.

 

Caldwell's Claire

Diese Häsin hat die Vorderbeine viel zu weit hinten. Die Hinterläufe liegen zwar parallel, aber durch die Fehlhaltung des Vorderkörpers wirkt es buckelig. Die Brust wird zu sehr nach vorne gedrückt.

Marios SuperMario

Die Hinterläufe und der Rücken wurden zu sehr nach vorne geschoben. Dadurch sitzt das Tier in einer verkrampften Haltung als würde es kaum Luft bekommen.

Es gibt mehrere Arten, Kaninchen in eine ordentliche Position zu bringen. Manche Züchter ziehen energisch an den Ohren, andere halten ihre Tiere am Nacken und versuchen sie dann irgendwie hochzuziehen. Eine Kombination aus beidem führt eher zum Erfolg als sich auf eine Variante zu versteifen. Das Ziehen an den Ohren und dem danach folgenden Warten, bis dass dasTier sich konzentriert und die Vorderbeine parallel auf den Tisch stellt, führt häufig zu einem Durchhängen des Rückens, nach außen gedrehten Hinterläufen und einer unglücklichen Haltung. Dazu kommt, dass es schmerzhaft für die Tiere ist und sich die Ohren lockern. Daher ist jegliche Gewalt in diese Richtung abzulehnen.

Der Griff in den Nacken bringt manche Kaninchen in eine schöne Position, kann aber auch zu großen Missverständnissen zwischen Kaninchen und Züchter führen.

Der Kaninchennacken und der dort liegende Reflexbogen sind sehr empfindlich. Kaninchen werden im Gegensatz zu Katzen und Hunden nicht von ihren Müttern dort aufgehoben und davon getragen. Die Tiere reagieren dabei häufig hysterisch und strampeln und zappeln, denn naturgemäß ist der Nacken jener Bereich bei dem der Beutejäger zugreift (Greifvögel, Fuchs, Raubkatzen) und daher das Kaninchen sich in einer Art Todesangstkrise befindet. Da das Tier dem Züchter vertraut, fühlt es sich dann belästigt und so kommt es gerne zu der Untugend des Schnappens und nach den Fingern Beißens.

 

Weiters wirken Kaninchen, die nur am Reflexbogen trainiert werden, oft als würden sie in Rückenlage gehen bzw. wie oben am Bild dokumentiert, verkrampft.

Es ist von großem Vorteil, wenn man relativ früh mit dem Training seiner Jungtiere beginnt. Ich persönlich beginne meistens bereits ab der 3. Lebenswoche. In dieser Zeit sind die Tiere noch sehr unkonzentriert, aber man kann sie in wenigen Minuten ohne viel Mühe überzeugen, für einige Sekunden brav zu sitzen. Wenn man das dann wöchentlich wiederholt z.B. zum Fotografieren, damit man auch einen bildhaften Vergleich der Entwicklung hat, dann sitzt das Tier später wie aus Marmor gemeißelt am Ausstellungstisch.

Calwell's Smaug

Das  16 Tage alte Jungtier auf dem Tisch sitzt nur für wenige Sekunden still. Trotzdem lernt es bereits den Menschen kennen und ihm zu vertrauen. Wenn jemand erst einige Tage vor der Ausstellung oder erst kurz vor dem Fotoshooting mit seinem Kaninchen zu üben beginnt, ist das zu spät. Selbst der Nichtfachmann erkennt die unbeholfende Stellung des Tieres oder aber auch seine Nervosität.

In einer Zeit der Mehrfachbelastung durch Beruf, Familie und vielem mehr klagen Züchter über den Mangel an Zeit, den sie zum Trainieren der Tiere haben. Es muss nicht täglich geübt werden, wenn man früh genug beginnt. Einmal pro Woche für ein paar wenige Minuten genügen völlig.

Mit 4 Wochen sitzt das kleine Tier bereits recht ordentlich am Tisch. Geübt hat es kaum. Manche Züchter meinen, es läge an den Linien, ob ein Kaninchen im Katzentritt sich präsentieren kann oder nicht. Dem kann ich nur mäßig zustimmen. Es lässt sich jedes Kaninchen mit entsprechender Geduld und Hartnäckigkeit positionieren – leichter geht es aber, wenn man hie und da übt.

 

Jeder Preisrichter/Experte hat seine Freude an einem Kaninchen, dass sich entsprechend präsentiert, ohne dabei ängstlich zu zittern oder hektisch zu atmen und das obwohl es auf einer Ausstellung steht.

Das Üben muss selbst auch geübt sein, da man sonst dem Kaninchen erst recht eine Fehlstellung angewöhnt. Der Züchter sollte sich eine rutschfeste Unterlage besorgen (Badezimmervorleger, gummierter Teppich, Schuhmatte, Automatte…) und die auf einen freistehenden Tisch stellen bzw. auf eine Kiste, einen Kasten etc, welcher keine Seiten- oder Rückwand hat, so dass das Tier sich nirgends anlehnen kann. Das Anlehnen führt zu einer schlampigen Haltung. Erst später, wenn das Kaninchen richtig sitzen gelernt hat, dann kann man verschiedenste Decken oder Hintergründe z.B. für eine Fotosession aufstellen. 

Die Umgebung sollte frei von kleinen Kindern und Haustieren, vor allem Fressfeinden wie Hunden oder Katzen sein. Dies würde das Kaninchen unnötig unter Stress setzen. Wenn das Tier für eine Ausstellung trainiert werden soll, lohnt es sich einen passenden Sessel für den Züchter zu haben, damit der/die entspannt bleibt. Später, wenn die Übung gelungen ist, könnte man meinen, dem Klein Rex ist es völlig egal, was um es herum passiert.

Wenn das junge Tier sich genügend davon überzeugt hat, dass es jetzt nicht Todesangst haben muss und neugierig schaut, dann sollte es mit einem leichten, aber energischen Griff zur Schulter dazu gebracht werden, sich zu konzentrieren. Auch wenn es unter Umständen einige Minuten dauert, bis das Kaninchen bei der Sache ist, sollte man als Züchter die Nerven bewahren und nicht schreien oder gar das Tier schlagen. 

 

Caldwell's Marlon Dino

 

Mit der ganzen Hand wird das Kaninchen so lange an der Schulter gehoben und sanft nach oben gezogen, bis es aufhört sich daran zu stören.

Dieser Vorgang kann schon einige Zeit dauern, führt aber zum Erfolg. Das Tier muss dabei immer wieder erinnert werden, dass es so stehen zu bleiben hat, bis der Züchter oder der Preisrichter ihm ein zärtliches Zeichen zum Entspannen gibt. In der Phase des Aufstellens kann mit einem sanften Zug an den Ohren der Körper aus balanciert werden. Dabei muss auf jeden Fall beachtet werden, dass man nur Daumen und Zeigefinger oder Ringfinger der eigenen aktiven Hand (Rechtshänder –rechts, Linkshänder – links) tief in die Ohrmuschel eingreifen und dann sanft ziehen. Jedes zu hohe Halten am Ohr führt unweigerlich zu großem Unmut beim Kaninchen, der durch ein unangenehmes Gefühl bzw. Schmerzen ausgelöst wird. Es reagiert mit Gezappel und Gestrampel oder dem Anziehen der Vorderbeine – die bleiben dann auch dort.

DRINGEND: Nie grob reißen oder ziehen!!!!

 

Dieses Training so oft wiederholen wie es nötig erscheint. Wir unterschätzen Kaninchen in ihrer Intelligenz doch sehr und gehen von einem eher geistlosen Wesen aus. Dabei zeigt das Üben und Trainieren der Tiere, wie schnell sie lernen können. Ein Kaninchen, das in guter Position bestaunt wird, zeigt früher oder später selbst sein Können voller Stolz und muss dann oft nur mehr auf den Ausstellungstisch gesetzt werden, um dann sofort in den Katzentritt zu springen und mit einer gewissen Arroganz seine Umgebung zu beeindrucken.

Jeder Richter und Experte lässt sich von einem gut trainierten Kaninchen beeindrucken und der Züchter selbst findet große Erleichterung bei der Auswahl seiner Ausstellungs- und Zuchttiere, wenn er sie gleichmäßig nebeneinander aufsetzen und dann sofort vergleichen kann. 

 

Caldwell's Chinadoll Klein Rex weiß, einer der besten Häsinnen, die ich je züchtete.

 

Caldwell's Mercutio 

Selbst wenn das Tier einige körperliche Mängel (schwacher Tritt, Hüftknochen etc)  aufzeigt, so wirkt es gleichfalls besser, wenn es sich zeigen kann.

 

Caldwell's Gilion & Caldwell's Noureev

Am oben abgebildeten Bildbeispiel sind Vater uns Sohn zu sehen. Beide Tiere mehrfach mit 97 bzw. 97,5 Punkten von verschiedensten Preisrichtern international bewertet. An der Körperhaltung erkennt man sofort, welches der Tiere über den entsprechenden Stolz nach regelmäßigem Training verfügt und welches nicht. Daher wirkt der Rammler, welcher eigentlich besser wäre (laut Bewertung), schwächer und verliert gegenüber dem älteren Tier sehr stark.

Nach oben