Wodka geschüttelt und nicht gerührt - Keime im Stall

 

Wo immer Tiere sind, egal welcher Art, gibt es verschiedene Keime. Manche sind wichtig und gut, andere aber gefährlich und heimtückisch. Im Laufe der Jahre sind wir Züchter oft bequem aber übervorsichtig geworden. Deshalb verwenden wir lieber Haushaltsreiniger, Industriechemikalien und chemische Keulen zur Desinfektion unser Stallungen, weil wir uns vor Keimen aller Art und vor dem Gerede anderer Züchter fürchten.

Ich habe viele Jahre in einem alten, abgewohnten Kaninchenstall gezüchtet, welcher von vielen Züchtern belächelt, unmöglich schwer zu misten und im Winter nur in selbstmörderischer Absicht zu erreichen war. Die Stallungen bestanden aus normalem Bauholz, die Gitter waren vom nächstbesten Landhandel und ausgemistet wurde mit einer Maurerkelle und schweren Plastiksäcken. Eingestreut mit Stroh und Hobelspänen und die Probleme waren relativ gering. Bei Todesfällen wurde der Stall mit Essig ausgewaschen und für ein paar Monate ausgetrocknet. Spinnennetze verblieben an der Decke und wurden erst nach den tiefen Minusgraden abgekehrt.

Wie die meisten Kaninchenzüchter war ich nie zufrieden. Entweder mit zu wenig Platz oder einfach zu altmodisch etc kam mir mein Stall vor. Daher baute ich ständig um. Statt Holz kamen OSB-Platten und Schalungstafeln, danach Kotwannen und die großen Probleme waren sofort da. 

Druck behandelte Holzabschnitte die mit Kunstleim verbunden sind, geben Dämpfe ab. Kotwannen haben immer einen Feuchtigkeitsrückstand. Gitterroste lehne ich ab, weil ich sie nicht mag, obwohl sie praktisch wären. Todesfälle mehrten sich und ich began mit schwerem Geschütz gegen die Keime im Stall anzugehen. Dabei bedachte ich aber nicht, dass diese Chemikalien ja mit den Kotwannen und ihrem Plastik, mit dem Leim der Platten, mit den Spritzmitteln in den Hobelspänen etc. nicht harmonierten. Der Amoniakgestank im Stall war selbst nach dem Ausmisten sofort wieder da. Die Spinnennetze waren nicht da, weil die Tiere tot waren. 

Als dann eine Hitzewelle auch noch im Hühnerstall die aus Skandinavien eingeschleppte rote Vogelmilbe ihr Unwesen zu treiben anfing, musste eine andere Lösung her. Meine Devise lautet nach vielen Versuchen: Back to the roots (zurück zu den Wurzeln).

Aus dem Stall wurde folgendes Ding sofort verbannt:

  • jegliche Art von chemischen Reinigern (Lysoform, Chlorbleiche oder industriell erzeugter Reinigungsalkohol)

Die Ställe wurden wie gehabt nach Bedarf und nicht nach Kalender ausgemistet. Bei genügend großen Ställen reicht ein wöchentliches Ausmisten, bei Häsinnen mit Jungen muss man öfter misten. Als Einstreu werden Hobelspäne des lokalen Sägewerks, gehächseltes Stroh verwendet (mit Maß und Ziel, den im Stroh bilden sich immer Pilze) und das Heu wird in nicht betretbaren Heuraufen (mit Seiten und Topverschluss) angeboten. Da jetzt schon die Kotwannen da sind, werden sie nicht mehr entfernt. Würde ich noch ein einziges Mal Stall bauen, es käme mir nur mehr unbehandeltes, gehobeltes Naturholz in den Stall. Das macht zwar mehr Arbeit, bringt aber eine natürliche Keimabtötung mit sich.

Als Desinfektionsmittel blieb zwar der Naturessig immer noch eine Weile, aber zum Desinfizieren der Ställe nach Todesfällen, Umsetzen oder beim Ausräumen der Quarantäneanlage (Platz für 12 Kaninchen nach Ausstellungen, nach Zukauf...) musste etwas her, das eben nicht die Schleimhäute angriff und das nicht, nach dem des verdunstet ist, als giftige Restsubstanz an den Wänden klebt.

 

Wodka ist ein schnell verdunstender, geruchloser Alkohol. Kombiniert man ihn mit einigen Zutaten, kann man ihm Handumdrehen ein Desinfektionsmittel produzieren, das nicht nur gut riecht, sondern auch negative Keime aller Art abtötet, Hühnermilben sehr kränkt bzw. den Tieren nichts ausmacht und im Notfall den unglücklichen Züchter erfreuen kann ;) und die Spinnen kommen gerne wieder und kümmern sich um etwaige lästige Fliegen.

 

Was braucht man?

 

0,7 l russischen Wodka (kein französischer, kein gefärbter oder gesüßter)

2 große Zimtstangen

1 unbehandelte Orange oder unbehandelte Zitrone (Geschmacksache)

1 geöffnete Vanilleschote

 

Die Flasche öffnen und etliche Esslöffel (oder einen großen Schluck) davon abnehmen, damit Platz geschaffen wird. Danach die Zimtstangen die Flasche schieben.

 

 

 

Vorsichtig die Orange bzw. Zitrone schälen. Letztere sind etwas unwillig, aber man bekommt eine gewisse Routine mit der Zeit. Die Schalen in die Flasche stopfen, das Fruchtfleisch aufessen oder mit Sprudelwasser aufgießen und trinken.

 

Nun die Flasche gut verschließen und für einige Tage in greifbarer Nähe haben. Mehrmals am Tag einfach schütteln. Nach einer Woche den Inhalt abseihen und in eine Sprühflasche (ich bevorzuge Edelstahl über Plastik) geben und im Stall nach Bedarf verwenden. Bei großflächigen Desinfektionsarbeiten, kann man auch schon mal gießen anfangen. Und bei Besuch von anderen Kollegen darf der Züchter auch einen ordentlichen Schluck davon anbieten und auch selbst nehmen, sofern er/sie keine Alkoholintoleranz bzw. ein legales Alter erreicht hat.

 

In kurzen Worten zusammengefasst und mit verschiedenen Inhaltskomponenten:

Wodka - hochprozentiger Alkohol 

Zimt  - duftet und tötet Fliegen- und Stechmückenlarven

Vanillestange - duftet und vertreibt Insekten (Spinnen sind keine Insekten!) alternativ zur Orange oder Zitrone

Zitrone bzw. Orange - lösliche ätherische Öle, vertreibt blutsaugende Insekten

 

Da diese Mischung nicht nur desinfiziert, sondern auch reinigt und gut riecht, kann man sie für Fenster, Oberflächen (außer unbehandeltes Holz) etc. auch sehr gut verwenden. Es hilft auch nach üppigem Essen, beruhigt bei Ärgernissen im Stall oder durch andere Züchter... wink

 

 

 

 

 

Nach oben