Füttern ist nicht gleich füttern! 

 

Beim Füttern des Kaninchens gibt es verschiedene Ansätze. Jeder hat seine Berechtigung, auch wenn man manches Mal das Gefühl nicht los wird, dass einfach Bequemlichkeit oder auch falsches Verständnis im Vordergrund steht.

 

Viele Kaninchenhalter und auch Züchter holen sich ihre Informationen bezüglich Futter am liebsten heute im Internet bzw. aus klugen Büchern oder einfach im Futterhandel. Dabei bekommt der Züchter sehr viele unterschiedliche Dinge zu hören und unter Umständen begeht er damit den größten Fehler, wenn er auf verschiedene Tipps hört, die von Leuten kommen, die seit ein oder zwei Jahren ein Kaninchen halten oder auch mehrere in der Gruppe . Besonders schlimm verhält es sich, wenn unabsichtlich oder absichtlich falsche Information das Internet und die Bücher flutet und das dann weitergegeben wird. Und noch schlimmer wird es dann, wenn jemand gutmeinend von einer Spezies zur anderen gedanklich mischt. (Getreidefütterung Katze ist nicht gleich Getreidefütterung Kaninchen!).

übergewichtige Klein Rex Häsin aus Hobbyhaltung

Leider kommen in letzter Zeit aber auch ganz andere Ideen bei der Fütterung der Tiere vor, von welchen ich mich HIER absolut distanziere - Fleischfütterung von Kaninchen. 

Beim Füttern des Kaninchens können existenzielle Fehler verursacht werden, die schneller als man glaubt, zum Tode des Tieres führen wird.

 

Folgender Dinge muss der Kaninchenbesitzer sich nun im Klaren sein: Was will er/sie nun tun:

 

Kaninchen aus Spaß halten

Kaninchen züchten

Zucht- und Showkaninchen aufziehen

Misch- und Mix Pfannenkaninchen produzieren

 

Wenn man nun ein oder auch viele Kaninchen aus Spaß und Freude am Tier hält, so ist nichts dagegen einzuwenden, wenn die Tiere viel grünes und frisches Futter bekommen. Die Futterbasis MUSS hochwertiges Heu mit großem Strukturanteil und wenig Eiweiß sein. Der Hobbyhalter wird entweder sein Kaninchen nun füttern und sich an ihm erfreuen und es vermutlich durch die Tipps der Foren im Internet von Hobbykaninchenhaltern beinflußen.

Wenn er klug ist, gibt er kein Kaninchenfutter aus der Tierhandlung und lässt sich bitte nicht zu den vielen Neuheiten am Kaninchenfuttermarkt wie Erbsenflocken, Gemüsesticks, Karottenpellets etc hinreißen. Dahinter steht nur eine sehr, sehr große Futtermittellobby, welche ihren Kram an das Kaninchen bringen will und die Naivität des Halters ausnützt.

Vor 40 Jahren konnten Riesenzüchter ihre Tiere mit gutem Heu und Gerste in Ausstellungskondition bringen. Warum geht das heute nicht mehr? Sind die Tiere so anders?

Nein, die Grundprodukte sind leider qualitativ weit davon entfernt, wo sie eben vor vier Jahrzehnten waren.

Deshalb muss man einige Futterregeln aufstellen, damit das Tier gesundbleibt.

 

Futterregel für Hobbytiere ist:

- Heu ad libitum

- an Tagen an denen Gemüse und Obst gefüttert wird, gibt man kein Strukturfutter (z.B. Nösenberger..meine Empfehlung)

- an obst- und gemüsefreien Tagen gibt es pro Kaninchen ca. 1 gehäuften EL Strukturfutter

- Wasser

- FERTIG

(hochgradig adipöser Rammlerkastrat aus getreidefreier Fütterung. Aufgefettet mit Erbsenflocken, Karottensticks, Wurzelgemüsen und Heu, lebensbedrohendes Übergewicht, offene Läufer und Atembeschwerden)

Futterregeln für Showtiere sehen nun ganz anders aus. Einerseits müssen die Tiere hochwertig gefüttert werden, um sich ideal für die Ausstellung zu entwickeln, andererseits muss ständig und dringend Acht darauf gegeben werden, dass sie nicht übergewichtig und dadurch schwer fehlerhaft werden. Die getreidefreie Fütterung, welche von Hobbyhaltern gepriesen wird, ist her völlig fehlt am Platz.

Ich möchte an dieser Stelle entsprechend informieren und aufklären.

Gegner der Getreidefütterung argumentieren damit, dass Kaninchen in der freien Wildbahn kein Getreide aufnehmen. Das ist falsch.

Getreide wird seit mehr als 10.000 Jahren vom Menschen kultiviert und gezüchtet. In dieser Zeit passten sich die Kaninchen sehr wohl daran an. Fakt ist, dass Wildkaninchen einen viel höheren Energiebedarf und eine viel kürzere Lebenserwartung als Hauskaninchen haben. Ergo suchen sie gezielt nach fett-, eiweiß- und kohlehydratreichem Futter. (Quelle: Allgöwer 2005; Turcek 1959). In Mangelzeiten arbeiten sie genau in die entgegengesetzte Richtung.

Getreide ist ein guter Energielieferant, wenn es nicht chemisch oder mechanisch aufgespalten wurde. Einerseits hilft es dem Kaninchen durch den Zahnabrieb beim Kauen, seine Zähne in Form zu halten, andererseits gibt es genügend Rassen heute, die auf Grünfutterbasis ihre Leistung nicht mehr bringen können.

Als Alleinfutter ist Getreide NICHT geeignet, aber es ist ein wertvolles Zusatzfutter.

1.     Es ist eine unsinnige, um nicht zu sagen, eine unfachmännische Aussage, Kaninchen würden in der freien Wildbahn keine Getreide finden. Das ist einfach zu eine Unwahrheit, da die meisten Wildgräser auch Wildgetreidearten sind, welche sehr wohl vom Tier zuerst gefressen werden, damit es seine Energie aufrecht erhalten kann.

2.     Getreidefütterung verfettet keine Tiere und macht sie auch nicht krank. Es hängt aber sehr wohl davon ab, ob ein Kaninchen im Stall mit getreidehaltigem Futter ad libitum gefüttert wird oder ob es 50 gr entsprechend gemischtes Futter als Energieträger zu fressen bekommt und in starker Zuchtbeanspruchung steht.

Was stimmt ist, dass Getreide sehr energiereich ist und das Haustierkaninchen, die im Zimmer oder Spielgehege wohnen, nur sehr wenig Energieverbrauch haben, vor allem wenn sie auch noch kastriert sind.

 Fakt ist, dass Kastraten sehr schnell verfetten. Fakt ist auch: der Züchter hat keine Kastraten im Stall, welche gleich den Eunuchen der Harems vergangener Zeiten aus Langeweile sich vollstopfen, sondern der Züchter hat Hochleistungstiere sitzen, welche vor allem in der Show und Ausstellungsvorbereitung trainiert werden bzw. eine entsprechende Kondition brauchen, um sich auch entsprechend präsentieren zu können oder eine entsprechende Zuchtleistung aufrechterhalten sollen.

 

Leider sind die vorgefertigten Futtermittel heute eine große Mischung an Schrott und Müll, welcher von verbrannten Kleidungsfetzen (Rohasche) und anderen fragwürdigen Dingen nur so strotzt.

Wie bereits oben erwähnt, konnte man vor 40 Jahren Riesen Kaninchen mit den einfachen Futtermitteln Heu und Gerste auf Ausstellungsgewicht bringen. Das geht heute kaum mehr.

Warum? Die Antwort ist einfach, aber traurig. Die Ausgangsprodukte sind leider nicht mehr in der Qualität wie vor 40 Jahren. Kräuterwiesen, wie sie vor dem massiven Einsatz von Spritz-und  Düngemitteln existieren nicht mehr und die an sich schon wenig gehaltvolle Gerste ist heute ein schwaches Nebenprodukt in der Getreideindustrie. Die gute und wertvolle Gerste geht in die Bierindustrie, der Schrott in die Futtermittelindustrie. Man merkt das meist auch schon beim Öffnen des Gerstesackes. 

Wenige Kaninchenzüchter können sich also heute glücklich schätzen (vor allem nicht im Alpenvorland in Österreich und auch großteils nicht in Deutschland), wenn sie die Möglichkeit haben direkt beim Biobergbauern oder zumindest Biobauern, welcher nur mit Steinmehl düngt, ihr Heu zu beziehen.

Bioheu, welches voller Kräuter und Blumen und gesunder Gräser ist, findet man nicht im Handel und ist für die meisten Züchter auch kaum zu bekommen bzw. auch teilweise nicht mehr erschwinglich. Glücklich sind also jene Züchter (wie ich), welche direkt vor Ort großartige Bauern haben, die ihre Scholle nach biologisch-dynamischen Standpunkten behandeln und nicht durch den Druck von ganz oben, nur auf Masse erzeugen müssen. Auch Kaninchenzüchter, welche ihr Heu selbst erzeugen können, dürfen sich auch glücklich schätzen, da auf kleinen Flächen oft die höchste Qualität erzeugt werden kann.

Vor einigen Jahren war die Gattin eines renommierten, deutschen Futtermittelerzeugers (welcher sehr viel Forschung in sein Pferdefutter und Kaninchenfutter  steckte) in meinem Stall und holte sich zwei Liebhaberkaninchen. Beim Anblick meines Heues strahlen ihre Augen und sie meinte: Solches Heu gibt es bei uns gar nicht mehr.

Ist das Heu so hochwertig, wie jenes das ich beziehe, so darf kaum mehr mit Kraftfutter gearbeitet werden. Selbst der erste Schnitt ist bereits so hoch im Eiweißgehalt, dass jegliches weitere Futtergaben sofort zu Problemen führen können. Deshalb verwende ich zusätzlich ein sehr grobes Pferde/Kälberheu. Kaninchenzüchter, welche sich mit Pferden oder Kälbern beschäftigen, haben den Kollegen meist sehr viel voraus, da diese Tiere ein ziemlich gleich empfindliches Verdauungssystem haben.

Je nach Rasse (Zur Erinnerung: Klein Rexe sind sehr gute Futterverwerter, die extrem schnell fett werden) muss also entsprechend gefüttert werden.

In der Trockenphase (ohne Zucht und Show) wird gutes, hochwertiges Heu und regelmäßig etwas Frisches dazugefüttert. Dabei sollte nicht unbedingt die Karotte im Vordergrund stehen. Kaninchen mögen Wurzelgemüse, aber Wurzelgemüse machen sehr schnell sehr dick, da sie über einen hohen Zuckergehalt verfügen. Weiters sind Karotten oft stark nitrathältig.

Heu bzw. frisches Gras sollte das Grundfutter auch für das Rasseshowkaninchen sein. Dazu das entsprechende Kraftfutter (meine Empfehlung Nösenberger Struktur) bzw. Obst und Gemüse (an kraftfutterfreien Tagen). Beim Kraftfutter achte ich (hier teilen sich die Meinungen mit den Kollegen), dass ich Grünmehl und Weizenmehl frei im Futter bin. Nach dem Füttern und Aufziehen tausender Kaninchen und dem Beobachten und Dokumentieren der Effekte, ist für mich Grünmehl und ausgemahlenes Weizenmehl (Weißbrot, Toast, Brötchen oder Semmeln) ein Hauptgrund für viele futtertechnisch verursachte Todesfälle.

 

links getreidebetont - rechts Grünmehlpellets

 

Beide verkleben die Darmwände (das Kaninchen hat keine Darmbewegung, wie Mensch und viele andere), der Futterbrei bewegt sich langsam, fängt an zu gären und sind auch noch Raubtierdarmkeime (Clostridien) im Futter (durch bereits abgebauten Hundekot, Gülle aus Massentierhaltung von Schweinen…), so darf man von katastrophalen Folgen ausgehen.

 

Viele Züchter bevorzugen, da es angenehm und schon vorbereitet ist, vorgefertigtes Kraftfutter, welches kaum von einem Züchter ad libitum gegeben wird (außer von ganz unerfahrenen oder ganz besonders bildungsunwilligen Menschen).  Die jahrelangen Tests und Erfahrungswerte bzw. auch die Kosten (!!!) des Fertigfuters (welches NIE als Alleinfutter gegeben werden darf) brachten mich dazu, meine eigene Mischung anzufertigen.

 

Je nach Jahreszeit und Energiebedarf wird zum Heu folgende Mischung gegeben.

 

Basisfutter

1 Teil Kälberkorn auf Getreidebasis (absolut ohne Grünmehl!)

1 Teil Gerste

1 Teil Hafer (bevorzugt Schwarzhafer!)

Zusätzlich zum täglichen Heubedarf: 1 EL

 

Laktierende Häsinnen:

2 Teile Kälberkorn

1 Teil Hafer

 

Deckende Rammler mit starkem Deckeinsatz

2 Teile Hafer

1 Teil Kälberkorn

 

Vorbereitung zur Ausstellung

1 Teil Kälberkorn

1 Teil Gerste

1 Teil Hafer

1 Teil ganze Sonnenblumen

1 Teil Luzernstengel

½ Teil Pferdehanf

 

Ruhezeiten

2 Teile Gerste

1 Teil Kälberkorn

 

Direkt auf der Ausstellung steht bei meinen Tieren: KEIN KRAFTFUTTER!

Ich fülle die Futtertröge selbst nur mit grober Gerste auf.

Der Grund ist einfach: meine Tiere kennen das Kraftfutter der Ausstellungsleitung, den Grünmehlanteil auch nicht und somit wird ihnen diese plötzliche Futterumstellung und der Stress einfach zu viel. Und solche Probleme brauchen sie einfach nicht.

 

Futtermittelquellen für Kälberkorn:

Wiesbauer getreidebetong 12% Eiweißgehalt, frei von Luzernmehlen (Grünmehl)

Lagerhaus Kälberkorn Topstart (19% Eiweiß) muss IMMER mit Gerste gestreckt oder Nösenberger Struktur gestreckt werden.

Lagerhaus Kälberkorn Enterofit (Aufzuchtphase, mit Hafer strecken)

 

Nösenberger http://www.noesenberger-kaninchenfutter.de/

Lagerhaus Österreichhttp://www.lagerhaus.at/

 

Für weiterführende Informationen empfiehlt sich diese Seite:

 

Futtermittelanalyse, Futtermittel auf der Seite Hauskaninchen

 

Diese Informationen beruhen auf  meinen persönlichen Erfahrungswerten. Fehlinterpretationen sind nicht in meiner Verantwortlichkeit!

Nach oben