Handaufzucht von Kaninchen

 

Es lohnt sich, wenn man sich immer wieder in das Thema Handaufzucht einliest. Der schlimmste anzunehmende Fall kann immer eintreten. Der erfahrene Züchter deckt meist zeitgleich mehrere Häsinnen ein. Der Grund ist einfach erklärt. Es geht ihm darum gewappnet zu sein, sollte eine Häsin ausfallen (keine Milch, Tod nach der Geburt...), dass Ammen zur Verfügung stehen. 

Geht man vom Tod des Muttertieres aus, so können die Jungtiere mit wenigen geübten Handgriffen sofort anderen Häsinnen unterlegt werden. Ein Altersunterschied von bis fünf Tagen lässt sich, wenn die Jungen unter 14 Tagen alt sind, gut durchführen - ist aber nicht ideal. Perfekt wären Kaninchen, die am selben Tag oder innerhalb von 48 Stunden geboren worden sind. Züchter mit mehreren Farben tun sich dabei leichter, denn sie können die Kaninchen so unterlegen, dass sie farblich verschiedene Tiere zur Amme legen. Auch bei verschiedenen Rassen lässt sich das ohne weiters machen. Der Häsin ist es ziemlich egal, wer im Nest liegt. Hauptsache ist für sie, dass jemand da drinnen liegt. Für den Züchter ergibt sich der große Vorteil, dass er die untergelegten Tiere sofort erkennen kann.

 

Mehrere Findelkinder gemeinsam in einem neuen Wurf: Klein Rexe in weiß, havanna, castor und feh kamen nach dem Tod einer Mutter zusammen. 

Beim Unterlegen muss der Züchter entweder über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügen oder gut Buch führen. Es gibt außer dem Tod oder dem Versagen der Milchleistung der Häsin noch andere Gründe, Junge anderen Häsinnen zu unterlegen.

  • Vergleichen der Milchleistung von Häsinnen
  • Ausgleichen von zahlenmäßig stark verschiedenen Würfen
  • Verschiedene Aufzuchtshäsinnen (in der Zucht von vorn herein ungeeignete Tiere z.B. Zeichnung u. Farbe, werden einer Häsin gemeinsam zur Aufzucht unterlegt, während die Zuchttiere eine andere großzieht)

Die Geburt ist für jedes Säugetier eine Situation zwischen Leben und Tod. Die Jungtiere als auch die Mutter sind in einer Ausnahmesituation. Warum Jungtiere während oder nach der Geburt sterben wird in einem anderen Kapitel erklärt. Die Häsin kann an all jenen Dingen versterben, die auch auf eine menschliche Mutter zutreffen können.

  • Das Zurückbleiben von Nachgeburtsresten, unhygienische Zustände (schwerste Verdreckung des Stalles zum Zeitpunkt der Geburt und während des Nachblutens) führen in einer Form von "Kindbettfieber" bei der Häsin zum Tod. Dabei handelt es sich um eine Sepsis durch aufsteigende Keime.
  • Junge, die in den Gebärmutterhörnern zurückgeblieben sind (missgebildet, abgestorben, zu groß...) verursachen ebenfalls eine Sepsis durch die Fäulnis in Uteri. Meist riecht die Häsin nach Verwesung und gast auf.
  • Falsche Fütterung nach der Geburt (zu hoch im Eiweiß, schneller Futterwechsel, unverträglich Nachgeburten etc zu verdauen) führen zu violenten Entzündungen des Darmes. Die Häsinnen gasen teilweise auf, werden starr und verhaaren in einer körperlich verkrampften Haltung abseits des Nests. 
  • Gebärmutterrisse verursachen den Tod der Häsin innerhalb weniger Minuten nach der Geburt - keine Rettung ist möglich.
  • Häsinnen, die an Lungen- und Bronchialerkrankungen leiden, ersticken während der Presswehen. ....

Siamesische Zwillinge (mumifiziert) Solche seltenen Missbildungen können im Mutterleib verbleiben und führen im Zuge ihres Verwesens zum Tod der Häsin.

 

WARNUNG: Verwaiste Junge einer Häsin, die offensichtlich an einer Krankheit eingegangen ist (egal welche Form des Aufgasens) dürfen NIEMALS einem Kollegen zur Aufzucht gegeben werden!! Damit werden Krankheiten von einem Bestand in den anderen gebracht.

Ist der Wurf zu groß, muss man eine harte Entscheidung treffen. Aus unverstandener Tierliebe einen Wurf mit 14 Jungen aufziehen und bei der Häsin belassen zu wollen, hat nichts mit Tierliebe und Tierschutz zu tun. Hier muss unterlegt werden oder im schlimmsten Fall sind die schwächsten Tiere zu euthanasieren. Es hat keinen Sinn die Tierchen tagelang herumzupäppeln und sie verenden trotzdem - meist dann qualvoll.

Je älter die Jungtiere beim Verlust der Mutter sind, umso leichter fällt die Aufzucht. Jungtiere ab dem 18. Lebenstag lassen sich auch ohne Zugabe von Milchersatz bereits erfolgreich großziehen. 

Verschiedene Tierschutzorganisatoren bieten für die Handaufzucht von Jungtieren teils recht brauchbare, teils unnütze Informationen. Letztere sind meist ohne jeglichen Hausverstand verfasst. Z.B. das Kaninchen darf nicht auf dem Rücken liegen. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Häsin die Jungen genau in dieser Position säugt. Es muss nur aufgepasst werden, dass man den Kopf nicht nach hinten überstreckt (gleich wie beim menschlichen Säugling) und dass man nicht zu viel Milch gibt, da sonst die Milch in Nase oder gar Bronchien laufen kann. Ist das Kaninchen in der richtigen Position, dann versucht es sofort mit dem angeborenen Milchtritt den Milchfluss zu verstärken. 

Chancen der Aufzucht bei einem Wurf von 5 Tieren.

Erfahrungswert bei einer Aufzucht ohne Mutter über einen Zeitraum von 20 Wochen, Krankheiten, Verletzungen etc die nicht mit der traumatischen Situation zusammenhängen wurden nicht eingerechnet. Aufzuchtsmilch wurde nach Tierschutzempfehlungen angerichtet und nach Vorgaben gefüttert. Sie besteht aus Katzenersatzmilch (für Kitten!!!), Fenchel- oder Kamillentee und Verdauungstropfen gegen das Aufgasen. Quellen dazu bietet das Internet in rauhen Mengen.

 

Neugeborene Jungtiere nach Sektio (Kaiserschnitt): 0%

Neugeborene Jungtiere nach Tod von Mutter aber nach Genuss von Vormilch: 20%

Neugeborene Jungtiere mit Ammenhäsin: 100%

*************************************************************************

3-Tage-alte Junge mit Amme: 100%

3-Tage-alte Junge mit Katzenaufzuchtsmilch: 25%

3-Tage-alte Junge mit Bioziegenmilch: 50%

*************************************************************************

6-Tage alte Junge mit Amme: 100%

6-Tage alte Junge mit Aufzuchtsmilch  50%

6-Tage-alte Junge mit Ziegenmilch 75%

************************************************************************

12-Tage alte Junge mit Amme 75 % (mangels Annahmewilligkeit)

12-Tage alte Junge mit Aufzuchtsmilch 50%

12-Tage alte Junge mit Ziegenmilch 100%

***********************************************************************

18-Tage alte Junge ohne Amme ohne Milchzufütterung 75%

18-Tage alte Junge mit Aufzuchtsmilch 75%

18-Tage alte Junge mit Ziegenmilch 100%

**********************************************************************

Interessant erscheint, dass Jungtiere welche bereits mit Aufzuchtsmilch gefüttert wurden und eine leichte Form der Aufgasung zeigten,  nach der Umstellung auf Ziegenmilch sich selbstständig erholten und ohne Probleme aufwuchsen.

Im Unterschied zur Aufzuchtsmilch muss Ziegenmilch häufiger gegeben werden. Die Jungtiere nehmen diese Form der Milch aber auch lieber an und es kommt weder zu Blähungen noch zu Durchfällen. Kuhmilch darf auf KEINEN Fall gegeben werden. Kondens- und Büchsenmilch sind genausowenig geeignet. Alternativ zur Ziegenmilch lässt sich Schafmilch geben. 

Für zusätzliche Erfahrungswerte, welche in diese Statisiken eingerechnet werden sollten oder anderer Natur würde ich mich sehr freuen. Bitte Email schreiben!

 

Nach oben